Die Tour

48 Kinder pro Tag im Hellfeld!

Pressekonferenz (<Link) : Bekanntgabe der Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik PKS 2022

Auszug aus der Pressemitteilung (<Link) vom 23.05.2023

„Laut PKS sind im Jahr 2022 die Fälle von sexuellemKindesmissbrauch mit 15.520 Fällen auf einem gleichbleibend hohen Niveau wie in 2021 (15.507 Fälle). Einen Anstieg um 10,3 % auf über 48.800 Fälle gab es bei den Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendpornografie. Laut PKS 2022 hat sich auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Missbrauchsdarstellungen und jugendpornografische Inhalte besaßen, herstellten, erwarben oder insbesondere über die sozialen Medien weiterverbreiteten, in Deutschland seit 2018 mehr als verzwölffacht – von damals 1.373 Tatverdächtigen unter 18 Jahren auf 17.549 Tatverdächtige (davon 5.553 Kinder unter 14 Jahren und 11.996 Jugendliche über 14 Jahre) in 2022. Das Dunkelfeld insgesamt und auch der Anteil an Straftaten, von denen die Polizei keine Kenntnis erhält, ist um ein Vielfaches größer.

Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA)

Wenn in Deutschland noch immer jeden Tag 48 Kinder Opfer sexueller Gewalt werden, können wir mit stagnierenden Fallzahlen nicht zufrieden sein. Sie bedeuten ein gleichbleibend hohes Leid für wehrlose kindliche Opfer. Gewalt gegen Kinder zu unterbinden und sexuellen Missbrauch zu beenden, sind unsere obersten Prioritäten. Doch für erfolgreiche Ermittlungen brauchen wir den passenden rechtlichen Rahmen und die notwendigen Befugnisse. Darum bleibe ich dabei: Uns fehlt ein entscheidendes Instrument für unsere Ermittlungen, das uns zur Verfügung stehen muss – die so genannte Mindestspeicherung von IP-Adressen. Häufig ist die IP-Adresse unser einziger Ermittlungsansatz, der überhaupt zum Täter führen kann. Kommen wir über die IP-Adresse nicht weiter, müssen Verfahren eingestellt werden – mit dem Risiko, dass noch andauernde Missbrauchstaten nicht unterbunden werden können.“

Bis zum Ende des Jahrzehnts 1.000.000 Hinweise erwartet

Es ist völlig unverständlich und im Grunde nicht hinnehmbar, dass unsere Ermittlungsbehörden nach wie vor auf Hinweise aus dem Ausland, vor allem durch die NECMEC, National Center for Missing & Exploited Children (Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder), eine private gemeinnützige Organisation in den USA, angewiesen sind.

2022 lieferte die NECMEC 136.000 Hinweise an die deutschen Behörden; etwa 90.000 sind laut Aussage von Herrn Münch strafrechtlich relevant. 20.000 (!) Hinweisen konnte aufgrund einer fehlenden rechtlichen Umsetzung von Mindestspeicherfristen nicht nachgegangen werden. Eine IP-Adresse war nicht mehr zu ermitteln. Diese Fälle gehen nicht in die Statistik ein.

In den letzten Jahren wurde immer wieder auf diese Problematik hingewiesen. Ein Gesetzesentwurf der EU, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, stößt hierzulande auf große Widerstände und wird politisch völlig kontextfern als „Chatkontrolle“ intrumentalisiert. Das zeigt leider, dass weder dieses Gesetz, noch die Notwendigkeit und Ernsthaftigkeit der Lage von den politisch Verantwortlichen verstanden wurde.

2024 läuft die Frist für eine gesetzliche Übergangsregelung zur freiwilligen Speicherung von IP-Adressen für Provider von bis zu einer Woche aus. Wenn dann keine Anschlusslösung vorliegt, bleibt Kindesmissbrauch wie bisher für Täter die sicherste Straftat in Deutschland.

Holger Münch erwartet bis zum Ende des Jahrzehnts einen Anstieg der Hinweise auf 1.000.000. Wir sollten spätestens jetzt ins Agieren kommen, damit uns nicht am Ende jegliche Grundlage für Intervention fehlt.

Quelle Beitragsbild: UBSKM / © Janine Schmitz / Photothek