Die Tour

„Schieb deine Verantwortung nicht weg!“

Gestern war European #EndChildSexAbuseDay. Jedes Jahr am 18. November ist ‚Europäischer Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch‘.

Die Kampagne

In diesem Jahr startete am 18. November die 2. Phase der Kampagne der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs UBSKM, Kerstin Claus, in Zusammenarbeit mit dem Familienministerium: „Schieb deine Verantwortung nicht weg!“  

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie diesen Titel lesen? Was löst die Überschrift bei Ihnen persönlich aus? Vor einem Jahr begann die große Aufklärungs- und Informationsoffensive mit der erten Phase „Schieb den Gedanken nicht weg!“

Die Kampagne ist wichtig und wertvoll, das Infomaterial auf der Kampagnenseite unbedingt zu empfehlen.

Fehlinterpretation auf Social Media

Allerdings birgen die kurzlebigen Botschaften auf Social Media „Sieh hin! Hör zu! Frag nach!“  die Gefahr fehlinterpretiert zu werden, was die Reaktionen zeigen. In der so schnelllebigen Social-Media-Welt lesen die meisten Menschen nur sehr flüchtig Schlagworte, sodass die gewünschte Wirkung nicht nur ausbleiben, sondern sich ins Gegenteil verkehren kann.

Wir kämpfen seit Jahren an der Basis und möchten herausheben, dass das WIE elementar wichtig ist. Denn häufig ist es nicht unbedingt Desinteresse, was die Menschen vom Hinsehen abhält. Vielmehr liegt es meist an Verunsicherung und fehlenden Handlungsoptionen. Wie kann ich hinsehen, worauf muss ich achten? Wie kann ich zuhören, welche Signale sollte ich kennen? Wie und wo kann ich nachfragen?

Kinder direkt auf sexualisierte Gewalt anzusprechen, wie die Aufforderung ‚Frag nach‘ vielfach missverstanden wird, ist kein geeigneter erster Schritt. Gemeint ist ein behutsames Nachfragen. Signalisieren Sie, dass Sie merken, dass es dem Kind nicht gutgeht und machen Sie ein Gesprächsangebot ohne sofort ihren Verdacht zu benennen und damit den Rückzug des Kindes zu riskieren.

Ziel ist, dass wir uns mit dem Infomaterial der Kampagne auseinandersetzen und im Ernstfall Verbündete und Rat, z. b. bei einer Beratungsstelle, suchen bevor wir handeln. Das Thema ist sehr komplex und vielschichtig. Jeder Fall individuell.

Die Justiz und das Helfersystem haben bedauerlicherweise Grenzen. Handfeste Beweise werden benötigt, um im gesetzlich gegebenen Rahmen handeln zu können.

Übereiltes Handlen hat in der Vergangenheit schon oft dazu geführt, dass Kinder noch größerem Druck durch die Täter ausgesetzt waren, weil weder Jugendamt noch Polizei verwertbare Anzeichen und Beweise finden konnten. Das führt zu einer großen Ohnmacht und Machtlosigkeit aufseiten der Kinder und derer, die eigentlich helfen wollen.

Auch wenn es schwer fällt: Im Ernstfall Ruhe bewahren und mit fachkundiger Hilfe ein strategisches Vorgehen planen, damit Täter nicht gewarnt sind, möglichweise Beweise vernichten und Kinder einer noch größeren anhaltenden Gefahr ausgesetzt werden.

Insbesondere die Aufforderung ‚Frag nach‘ wurde häufig so verstanden, dass man bei den Kindern direkt nachfragen soll. Bevor wir also hinsehen, zuhören und fragen, sollten wir uns gut und umfassend informieren, wie wir das am besten bewerkstelligen können.

#Wissenschützt

Wenn es uns als Gesellschaft gelingt, eine offene Haltung einzunehmen und Wissen zu Täterstrategien und traumabedingten kindlichen Schutzmechanismen für so selbstverständlich zu halten wie die Straßenverkehrserziehung, dann eröffnen wir Räume für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, sich anzuvertrauen, während die Räume für Täter und Täterinnen enger werden.

Leider lesen viele Menschen nur oberflächlich, besonders auf Social Media. Daher ist der Hinweis auf das Informaterial auf der Kampagnenseite besonders wichtig => Informieren Sie sich hier, wie es uns allen gelingen kann, die Verantwortung nicht wegzuschieben.

Ergänzend werden wir auch im nächsten Jahr wieder unsere Seminare anbieten, um praxisnah und fachlich fundiert zu informieren. Unser und Ihr Wissen kann helfen zu schützen.

Das Justiz- und Hilfesystem

Bei aller Präventions- und Aufklärungsarbeit dürfen wir nicht vergessen, dass wir auch ein funktionierendes Justiz- und Hilfesystem brauchen sowie die entsprechende Gesetzgebung. Da gibt es noch sehr viel zu tun.

Ohnmacht und Hilflosigkeit müssen oftmals von Betroffenen und Angehörigen akzeptiert und ausgehalten werden. Es gibt viele Gründe, warum Täter und Täterinnen nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Ein Grund ist die Verjährungsfrist, die immer noch existiert. Warum schaffen es Großbritannien und die Schweiz Unverjährbarkeit zu beschließen? Warum nicht Deutschland? Nächste Station: EU.

Wir brauchen euch

Helden und Heldinnen des Alltags.

Bitte helft uns, unsere Petition „Abschaffung der Verjährungsfrist bei sexuellem Kindesmissbrauch“ weiter zu verbreiten.

Wir brauchen euch

Förder-Helden und Förder-Heldinnen.

Bitte helft uns, den Kampf für Betroffene und den Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt fortführen zu können. Nur mit eurer Hilfe konnten wir in den letzten Jahren Betroffenen beistehen sowie politisch und gesellschaftlich aufklären, informieren und enttabuisieren.

Wir danken herzlich allen, die einen Beitrag zum Erhalt unserer Arbeit leisten und geleistet haben; finanziell wie ideell:
Ihr seid unsere Helden und Heldinnen! 💚

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