Statement No 5 – René
„Ich heiße René und bin Überlebender von sexuellem Missbrauch in meiner Kindheit. Ich schreibe dieses Statement, weil ich verdammt wütend und verzweifelt bin. Wie viele Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kindheit wurde auch ich lange allein gelassen und bekam keine angemessene Hilfe. Einerseits weil ich kein unterstützendes Umfeld hatte, andererseits weil der Staat keine angemessenen sozialrechtlichen Hilfen zur Verfügung stellt. Es gibt zwar das SGB XIV (OEG), dieses stellt aber keine Alternative zum FSM dar, da die Antragstellung kompliziert, zermürbend und langwierig ist. Alle Details müssen wiedergegeben werden. Außerdem braucht es ärztliche Atteste. Das ist kein niedrigschwelliges Angebot. Für mich und die meisten Betroffenen ist das emotional nicht tragbar. Das Risiko einer Retraumatisierung ist zu hoch und die Chance auf Bewilligung gering (über die Hälfte der OEG-Anträge abgelehnt). Seit 2022 bekomme ich durch den FSM finanzielle Unterstützung, um mein Fernstudium zu bezahlen. Zuvor war ich arbeitsunfähig, da ich aufgrund meiner komplexen posttraumatischen Belastungsstörung keine Präsenzausbildung/kein Präsenzstudium in Voll- oder Teilzeit absolvieren kann. Durch das Studium habe ich mehr Stabilität und Sicherheit in meinem Alltag gefunden. Das ist etwas, dass ich in meiner Kindheit und Jugend nie hatte. Dass ich trotz Behinderung studieren und einen Berufsabschluss erlangen kann, bietet mir außerdem eine Zukunftsperspektive. Ebenfalls etwas, dass ich jahrelang nicht hatte. Ohne den Fonds kann ich mein Studium nicht finanzieren. Ich müsste es entweder abbrechen und wäre wieder arbeitsunfähig oder ich würde mich hoch verschulden. Beide Alternativen stürzen mich in Verzweiflung. Es gehört zur staatlichen Fürsorge, Kinder vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Gelingt dies nicht, muss der Staat bedarfsgerechte Unterstützung für Betroffene bieten. Sollte der FSM wirklich eingestellt werden, würde der Staat seinen Fürsorgepflichten nicht nachkommen und die Rechte und Bedürfnisse aller Betroffenen mit Füßen treten.“