Missbrauchskomplex Münster
WDR – Aktuelle Stunde vom 03.07.2021 – Wer kümmert sich um die Opfer? – ab Minute 20:48 => Link
Am Dienstag wird ein Urteil im Missbrauchskomplex Münster erwartet. In einer Gartenlaube wurden zwei Jungen im Alter von 5 und 10 Jahren von 4 Männern immer wieder vergewaltigt. Die Taten gefilmt und ins Netz gestellt. Die Mutter des Haupttäters Adrian V. wusste Bescheid.
Unfassbar und dennoch traurige Realität für viel zu viele Kinder in Deutschland. Der WDR hat in der Aktuellen Stunde vom 03.07.2021 den Fokus einmal auf die Opfer gerichtet.
Markus Diegmann (Tour41 e.V.), Julia von Weiler (Innocence in Danger) und Ursula Enders (Zartbitter Köln) berichten aus Ihrem Alltag und zeigen auf, woran es fehlt und was getan werden muss, um Kinder besser zu schützen und im Bedarfsfall besser zu versorgen.
[…]“Die Erlebnisse waren so schlimm, dass ein Geruch reicht, um wieder Bilder in den Kopf zu holen. Es ist ein täglicher Kampf, die Gefühle, Gerüche, Bilder fernzuhalten. 50 Jahre mit dem Missbrauch leben ist schmerzhaft. Die Bilder sind präsent.„[…]
(Markus Diegmann, Tour41 e.V.)
[…]“Für die Mädchen und Jungen, die wir erkannt haben, wie im Fall Münster, brauchen wir schnelle adäquate gute professionelle therapeutische Unterstützung, sie müssen die Möglichkeit bekommen, sich zu öffnen und sie müssen die Möglichkeit bekommen aus dieser Wunde, wie es Markus Diegmann eben gesagt hat, eine Narbe werden zu lassen, mit der man dann immer noch umgehen muss, aber die verheilt ist und nicht mehr so intensiv wirkt . Wichtig ist aber auch, sich die Frage zu stellen: Was ist eigentlich mit all den Kindern, die wir noch nicht erkannt haben und die, wie Markus Diegmann, immer noch mit dieser Tat leben müssen und wo die Wunden dann irgendwann so schwer werden, dass es ganz schwer wird, sie zu behandeln.“[…]
[…]“Die größten Mängel sehe ich tatsächlich in der Intervention. Wir alle müssen besser darin werden, möglicherweise betroffene Kinder zu erkennen und wir alle müssen besser darin werden potenzielle Täterinnen und Täter zu erkennen. Das ist etwas, was wir uns ungerne zumuten wollen, weil wir nicht wollen, dass irgendjemand, den wir kennen, irgendjemand in unserer Verwandtschaft, in unserer Nachbarschaft, in unserer Schulgemeinde oder im Sportverein eine Täterin oder ein Täter sein könnte. So überlassen wir ganz viel Verantwortung nach wie vor den Kindern. Das heißt also, diese Kultur des Hinschauens und des Handelns, die der Bundespräsident jetzt gefordert hat, die geht uns tatsächlich alle an und dann muss Politik natürlich auf der kommunalen, auf der Landes- und der Bundesebene dafür sorgen, dass genügend Anlaufstellen und genügend professionelle Möglichkeiten da sind, Betroffene aufzufangen.„[…]
(Julia von Weiler, Innocence in Danger e.V.)
Gefragt nach dem Nationalen Pakt gegen sexuelle Gewalt erwidert Julia von Weiler, er sei gut und wichtig. Papier und Worte seien aber geduldig. Es müsse gehandelt werden. Solange er nur auf Papier steht, mach er keinen Unterschied. Bund, Länder und Kommunen seien gefragt.
[…]“Die Zeit ist das Wichtigste. Dass es ganz schnelle Hilfe gibt und Kinder nicht einen Strafprozess abwarten müssen, bevor sie Hilfe bekommen. Das andere ist die Qualität und die Qualifizierung der Therapeutinnen und Therapeuten. Da müssen wir ganz viel nachholen. Es gibt gutes Personal, aber nicht genug.„[…]
[…]“Was ich kaum aushalten kann, ist, dass immer noch so viele Kinder ohne Hilfe bleiben. Weil es kaum Hilfe gibt, weil die Politik die Verantwortung nicht annimmt, weil Menschen es nicht wagen, Vermutungen auszusprechen.„[…]
(Ursula Enders, Zartbitter Köln)
Linksammlung zu relevanten Inhalten zu diesem Blog-Post:
Bundespräsident Steinmeier zum Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen – Rede vom 30.06.2021 => Link
Innocence in Danger auf Facebook => Link
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Aktuelle Stunde vom 03.07.2021 => Link