#Beratung & Hilfe

Informationen für Angehörige & Bystander

Was kann ich tun, wenn ich mir Sorgen um ein Kind mache?

Jede:r von uns hat das Bedürfnis sofort zu helfen, wenn wir einen Verdacht hegen oder sich erste Anhaltspunkte für Gewalt oder sexualisierte Gewalt ergeben.

Doch Vorsicht ist geboten!
Übereilte Handlungen bergen die Gefahr, dass sich der Druck auf das Kind erhöht und wir das Gegenteil von dem erreichen, was wir in guter Absicht bewirken wollten.

Auch ein direktes Ansprechen des mutmaßlich betroffenen Kindes auf den Verdacht ist meist kontraproduktiv. Kinder ziehen sich dann häufig zurück und „machen dicht.“ Wir kennen die genauen Umstände nicht. Wir wissen nicht, welche Strategien Täter:innen anwenden und welche Schutzfaktoren oder Loyalitätskonflikte beim Kind wirken.

Daher lautet das erste Gebot, so schwer es fällt: Ruhe bewahren und fachkundigen Rat einholen.

Wichtig ist auch: Handle nicht über den Kopf der/des Ratsuchenden oder Betroffenen hinweg! Mache alles, was du zu tun gedenkst, transparent und besprecht gemeinsam die nächsten Schritte (abhängig vom Einzelfall).

Die wichtigsten Botschaften sind:

„Ich glaube Dir.“
„Du bist nicht schuld.“
„Du bis nicht allein.“
„Es gibt Hilfe.“

Hier könnt Ihr ersten fachkundigen Rat einholen und Hilfestellen in Wohnortnähe finden.

Besuche unser Basisseminar für Eltern & Bezugspersonen

Wie schützen wir Kinder vor sexualisierter Gewalt?

Wie geht es nach Tatgeschehen weiter? Wie kann ich Betroffenen beistehen?

Leider gibt es keine einfachen Antworten auf diese Fragen. Kein Patentrezept. Denn Tatgeschehen und Trauma-Folgen sind sehr individuell und komplex. Sie wirken nicht selten ein Leben lang. Die Tat oder Taten gehören zum Leben der Betroffenen und häufig ist die Bewältigung von vielen Faktoren abhängig.

Eine sehr große Rolle spielt die frühzeitige Aufdeckung. Je früher Hilfe geleistet wird, desto besser sind, die Erlebnisse zu verarbeiten. Auch verständnisvolle, wahrnehmende und unterstützende Menschen im Umfeld sind elementar. Letztlich ist viel Empathie, Wissen und Beziehungsarbeit nötig, um das verlorene Vertrauen in andere Menschen wieder annähernd aufzubauen.

Für Angehörige, Partner:innen und andere Bystander von Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend ergeben sich viele Fragen und häufig große Unsicherheiten. Scheue Dich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch (er)klärende Gespräche und Austausch mit Expert:innen und Menschen in ähnlichen Lebenslagen kann häufig die Handlungssicherheit gestärkt werden

Tipps zum trauma-sensiblen Umgang

(Einige Tipps beschreiben Situationen in Partnerschaften)

Geduld

Man braucht Geduld. Heilung ist oft ein langer und anstrengender Prozess. Sei geduldig, aber auch mit Dir selbst. Heilung ist möglich. Hilf, die Trauma-Folgen und den Grund für bestimmte Verhaltensweisen zu verstehen und zu reflektieren (externer Hilfe?). Frage nicht aus, dränge nicht, sei einfach nur da und höre zu.

Die Bedürfnisse der/des Überlebenden

Das Bedürfnis nach Nähe und Distanz kann extrem schwanken.
Gehe auf die Bedürfnisse ein, soweit es Deine eigenen Grenzen nicht überschreitet. Versuche zu verstehen. Wenn sie/er reden will und Du Zeit hast, dann setze dich hin und höre zu. Wenn sie/er Nähe sucht und es für beide passend ist, dann seid Euch nah. Respektiere dabei immer ihre/seine Grenzen, nehme die Gefühle des anderen ernst. Schmerz, Angst, Aggressionen können unter anderem Reaktionen, auch durch Trigger, sein.

Panikattacken

Spiele Panikattacken nicht herunter, mache es nicht schlimmer als es schon ist. Frage, ob Du helfen kannst.
Es ist empfehlenswert, über eventuelle Hilfemaßnahmen schon im Vorfeld zu sprechen.
Versuche ruhig zu bleiben und nicht selbst in Panik zu geraten. Versuche Vertrauensperson zu sein.

Sicherheit

Gebe so viel Sicherheit wie möglich.
Ermögliche ihr/ihm einen eigenen Raum für sich zu haben.
Zeige, dass Du für sie/ihn da sind. Unterstütze sie/ihn darin, Hilfe anzunehmen. Falls nicht schon geschehen, helfe entsprechende Stellen, Organisationen, Therapeut:innen zu finden.

Sprechen

Spreche auch über Deine eigenen Sorgen, Probleme, Ängste und Verletzungen. Dadurch wird es leichter, durch ihren/seinen eigenen Schmerz hindurch zu sehen und zu erkennen, dass auch Du ein Mensch mit Sorgen und Problemen bist.

Körperliche Nähe und Sexualität

Nähe ist ein sehr empfindliches und kompliziertes Thema in Beziehungen zu Überlebenden.
Achte immer darauf, was sie/er möchte und setze sie/ihn nie unter Druck. Fordere oder tue nie etwas, was sie/er nicht will oder kann, aus welchen Gründen auch immer. Es kann immer passieren, dass sie/er aufhören möchte, wenn es gerade für Dich am Schönsten ist.

Akzeptanz statt Vorwürfen

Frage, was sie/er jetzt braucht, rede mit ihr/ihm, frage, was der Auslöser für einen Flashback war, aber hake nicht nach, wenn sie/er es nicht aussprechen kann.
Ihr könnt auch ein Zeichen verabreden, mit dem sie/er Dir dann sagen kann, wenn es ihr/ihm zu viel wird.
Rede auch über Deine eigenen Bedürfnisse, Deine Wünsche und natürlich auch über ihre/seine Vorstellungen. Kommunikation ist hier das beste.
Wenn sie/er nicht darüber reden kann, hilft vielleicht aufschreiben, oder sie/er zeigt Dir anhand eines Buches, was sie/er mag und was nicht.

Vorwürfe

Werfe ihr/ihm nie vor, auf was Du alles verzichten musst oder was sie/er nicht schafft.
Das würde nur unter Druck setzen und sie/er bekommt Schuldgefühle.
Sie/er weiß schon, worauf Du verzichten musst, gerade was körperliche Nähe betrifft.

Vergesslichkeit

Es kann immer wieder passieren, dass die/der Überlebende wichtige Dinge vergisst. Oft deswegen, weil sie/er zur Zeit an nichts anderes mehr denken kann, als an den Missbrauch.
Die Verarbeitung ist harte Arbeit und verbraucht viel Energie. Es werden die alltäglichsten Dinge vergessen, weil sich der Missbrauch über alles stülpt.
Versuche, sie/ihn so gut wie nur möglich zu unterstützen, indem Du sie/ihn an wichtige Dinge erinnerst, aber nie vorwurfsvoll oder bemutternd.

Konflikte / Streit

Viele Überlebende haben Angst vor Streit, weil sie glauben, wenn jemand mit ihnen streitet, werden sie nicht mehr geliebt.

Wichtige, bewährte und durchaus allgemeingültige „Verhaltensregeln“ bei Streit

– ruhig und sachlich bleiben
– nicht laut werden
– schreit Euch nicht an
– Beleidigungen, Erpressungen, Drohungen von Gewalt, Verlassen und sonstige Androhungen sind absolut tabu!
– wilde Gesten vermeiden, das könnte sie/ihn in Angst versetzen
– sich gegenseitig ausreden lassen
– genau zuhören was der andere sagt
– nie verallgemeinern, beziehe dich nur auf das eine Problem in der jeweiligen Situation
– mache sie/ihn nicht schlecht vor anderen oder zeige anderen ihre/seine Schwächen

Vertrauen

Überlebende sind häufig nicht mehr in der Lage zu vertrauen und dieses verloren gegangene Vertrauen muss nun langsam wieder aufgebaut werden.
Wann immer Du etwas versprichst, achte darauf, dass Du es hundertprozentig einhalten kannst.
Wenn Du das immer wieder machst, dann schaffst Du Vertrauen.

Kontrolle

Du hast vielleicht den Eindruck, dass sie/er immer über alles die Kontrolle haben will.
Manchmal ist es offensichtlich, manchmal nicht, zum Beispiel wenn schlechte Laune oder mangelndes Interesse vorgeschoben wird.
Sei Dir klar darüber, dass Du es hier mit einem Überlebensmuster zu tun hast, welches absolut lebenswichtig war.
Teile Deine Bedürfnisse mit und mache Vorschläge zur Verbesserung der jeweiligen Situation.

Bedürfnisse und Grenzen

Mache Dir Deine eigenen Bedürfnisse klar.
Lerne eigene vernachlässigte Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen.
Setze Dir selbst Grenzen. Es hilft nicht, wenn Du dich selbst überforderst oder aufopferst. Zeige, dass auch Du Deine Freiheiten und Auszeiten brauchst, denn Du bist ein eigenständiger Mensch und kein:e Therapeut:in.
Wenn Du weißt, wer Du bist und wie Du zu Dir selbst stehst, dann gibst Du ein Bild von Dir, welches Vertrauen vermittelt.

Wenn Sie mit dem Täter verwechselt werden

Manchmal passiert es, durch eine Geste, ein Wort, Leidenschaft, Zorn etc., dass Du mit dem Missbraucher verwechselt wirst.
Sobald Du merkst, dass ihre/seine Reaktionen sich nicht mehr auf Dich, sondern auf die/den Täter:in beziehen, greife sofort ein und frage:
„Wo bist du gerade? Was hat dich erschreckt?“
Wenn ihr beide die Auslöser und die damit verbundene Übertragung kennt, fällt es euch leichter, Gegenwart und Vergangenheit zu unterscheiden. Das ist auch sehr wichtig für ihre/seine Heilung.

Das Leben

Achte darauf, dass ihr beide das Leben nicht vergesst.
Erinnere sie/ihn daran zu leben. Gehe aus, treffe Dich mit Freunden und habt gemeinsam Spaß.
Es nützt keinem Überlebenden, dass er oder sie in Watte gepackt wird, denn das Überbewerten, das über allem stellen, ist nicht im Sinne der meisten Betroffenen.

Quelle mit Dank an: missbrauch-opfer.de

 

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