Die Tour, Markus Diegmann

Stillstand und die Angst – Der Borderliner wird’s richten

Stillstand ist für mich die Höchststrafe. Zeit und Raum für Angst, Bilder, Gerüche und allem, was dazugehört. Filme, vor denen ich jeden Tag Angst habe und mit Vollgas flüchte. Selten spricht einer von den Angehörigen, den Familien und Freunden. Wer nicht betroffen ist, tut sich schwer mit diesem Thema. Wenn einer wie ich 24 Stunden und sieben Tage in der Woche in und mit diesem Thema lebt, der hat kein anderes Thema mehr. Ich weiß, dass es vielen nach einer Weile zu viel wird, dass viele es einfach nicht mehr ertragen können. Freundschaften sterben, Familien brechen auseinander und das Telefon verstummt. Doch was soll ich tun? Wenn man nicht weiß, wo man hingehört und keine Wurzeln hat. Ein zufriedenes und lohnendes Dasein nicht möglich. Wie auch, wenn Körper und Geist im Alarmzustand verharren. Jeder Tag ist wie der Abschuss einer Flipperkugel. Ich tänzel durch NRW und weiß nicht, wo ich ankomme. Jeden Tag auf’s Neue. Ich lebe für meine Tour41. Ich habe mir gegenüber strenge Regeln und Prioritäten und ein geht nicht, gibt’s nicht. Leider projiziere ich sie manchmal auf andere. Das tut mir leid und war und ist so nicht geplant. Ich habe Traumafolgestörungen, wie den Borderliner. Er bringt mich in die grenzwertigsten Situationen. Um die Borderlinestörung zu verstehen, habe ich etwas gefunden. Es lohnt sich, diesen Beitrag zu lesen.

Vielen Dank dafür

Picasso & Markus

Mich hat eine Moderatorin gefragt: „Was hätten Sie sich als Kind gewünscht?“
Mein Hirn findet mit dieser Frage keine Ruhe. Leere und dennoch voller Gedanken!

Ich war fünf Jahre alt. Voller Angst, Scham und Schuld. Verwirrt darüber, was da geschieht. Wie habe ich das ausgehalten? Ich habe mich abgespalten und verschiedene Überlebensstrategien entwickelt. So auch den Borderliner

Die Borderline-Persönlichkeit

„Es ist, als ob der Thermostat ausgefallen ist“, so fasst eine Betroffene ihr Borderline-Erleben zusammen. „Der Motor ist entweder überhitzt oder unterkühlt, und irgendwann geht es dann nur noch mit Vollgas: Augen zu und durch.“ Instabilität zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben der Borderliner. Ihr Dasein ist geprägt von Krisen, Katastrophen, Beziehungskonflikten, sozialer Misere und nicht selten selbstzerstörerischem und selbstverletzendem Verhalten. Sie reagieren impulsiv, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Das Gefühl innerer Leere und große Verlassenheitsängste wechseln mit exzessivem, selbstschädigendem Verhalten (hohe Geldausgaben, Drogen- oder Alkoholmissbrauch, Fressanfälle, rücksichtsloses Fahren, zügellose Sexualität). Die Fähigkeit vorauszuplanen ist gering. Borderliner neigen zu oft heftigen, explosiven Wutausbrüchen, was manchmal zu gewalttätigem Verhalten führt. Sexuelle Beziehungen und Partnerschaften sind zumeist sehr intensiv, aber nur von kurzer Dauer. Diese Beziehungsprobleme kommen daher, dass die Borderline-Persönlichkeit in Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse spaltet. Zwischentöne gibt es nicht. So genügt manchmal ein einziger kleiner Fauxpas, um vom Borderliner geradewegs aus dem Himmel in die Hölle befördert zu werden und da auch erst einmal zu bleiben. So wird das Zusammenleben mit Borderlinern oft zum „Drahtseilakt auf einer Hochspannungsleitung“ oder zum „Tanz auf dem Vulkan“, wie ein Angehöriger es plastisch formuliert. Borderliner drohen häufig mit Selbstmord oder fügen sich selbst Verletzungen zu, um damit sich selbst oder andere zu „bestrafen“ oder auch um den inneren Druck loszuwerden, denn sie stehen nahezu permanent unter „Dampf“. Dabei reden sie nicht über ihre Gefühle, sondern stauen sie so lange an, bis sie irgendwann herausplatzen. Die Signale zu erkennen, ist für Außenstehende schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Oft sind es kleine, scheinbar bedeutungslose Gesten nebenbei, mit denen die Betroffenen ein Beziehungsangebot in den Raum werfen. „Sie stellen Fallen“, bemerkt ein Therapeut dazu, „wie ein Terrorist eine Plastiktüte voll Semtex einfach stehen lässt. Bum!“

Temperament oder „Störung“

– Wo ist die Grenze? Von einer Borderline-Störung kann man ausgehen, wenn jemand unter mindestens fünf der folgenden neun Symptome leidet:

Unbeständige und unangemessen intensive zwischenmenschliche Beziehungen.
Impulsivität bei mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Verhaltensweisen (z.B. Geldausgeben, zügelloser Sex, Substanzmissbrauch, Ladendiebstahl, rücksichtsloses Fahren).
Starke Stimmungsschwankungen, die gewöhnlich einige Stunden oder, in seltenen Fällen, einige Tage dauern.
Häufige und unangemessene Zornausbrüche.
Selbstverletzungen und/oder wiederholte Selbstmorddrohungen oder -versuche.
Fehlen eines Ich-Identitätsgefühls (Unsicherheit im Selbstbild, der sexuellen Orientierung, den langfristigen Zielen oder Berufswünschen, in der Art der Freunde oder Partner oder den persönlichen Wertvorstellungen).
Verzweifelte Bemühungen, die reale oder eingebildete Angst vor dem Verlassen werden zu vermeiden.
Chronische Gefühle von Leere und Langeweile.
Stressbedingte paranoide Phantasien (Verfolgungsphantasien) oder schwere dissoziative Symptome (Persönlichkeitsspaltung).

Ein Therapeut, der schwerpunktmäßig mit Borderlinern arbeitet, fasst die „klassische Borderline-Störung“ wie folgt zusammen: „Hochgradige Ambivalenz, starke assoziative Lockerung und daraus folgende Handlungen, schnelles Schwingen zwischen entgegengesetzten Stimmungslagen und länger dauerndes Verharren darin, stabile Instabilität.“ Ob es sich dann deswegen um eine behandlungsbedürftige „Krankheit“ handelt, hängt stark davon ab, inwieweit die Betroffenen und/oder ihr Umfeld darunter leiden. Die meisten Borderliner sind intelligent, charmant und schillernde Zeitgenossen.

Entwurzelte Seele:

Ursachen der Borderline-Störung

Über die Ursachen einer Borderline-Störung gibt es mehrere Theorien. Einig sind sich die Fachleute darüber, dass es sich in jedem Fall um eine frühkindliche Entwicklungsstörung handelt – zumeist mit einem oder mehreren traumatischen Erlebnissen als Auslöser. Die Borderline-Störung ist in erster Linie eine Beziehungsstörung. Die Betroffenen haben als Kind nicht erfahren können, dass ein und dieselbe Person sowohl gut als auch böse sein kann.

Dreiviertel aller Borderline-Patienten sind weiblich. Über 70 Prozent der Betroffenen sind in ihrer Kindheit (sexuell) missbraucht worden – zumeist über einen längeren Zeitraum. Das fanden neuere Studien inzwischen heraus. Als Überlebensstrategie haben die Betroffenen dabei „gelernt“, sich von schlimmen und belastenden Ereignissen abzuspalten, sich also aus der Situation herauszunehmen („es ist alles nicht wahr“, „das passiert nicht wirklich mir“). Deswegen findet man bei Borderline-Betroffenen auch häufig Gedächtnislücken, so genannte Amnesien: Das sind Zeiträume, in denen man zwar real gehandelt hat, sich aber nicht mehr erinnern kann. Im Zusammenhang mit dieser Abspaltung von traumatischen Erlebnissen wird auch die absolute Trennung in „gut“ und „böse“ verständlich, die natürlich im alltäglichen Leben zu Problemen führt. Für kleine Kinder ist diese Trennung oft der einzige Schutz, um unerträgliche Situationen zu überleben. Aber: Nicht immer sind körperliche Gewalt oder sexueller Missbrauch die Ursache. Auch emotionale Vernachlässigung in früher Kindheit kann zur Entwicklung einer Borderline-Störung führen.

Zurück auf den Teppich:

Therapie der Borderline-Störung

Eine Borderline-Störung lässt sich kaum allein mit Medikamenten behandeln, geschweige denn heilen.
Zur Linderung von unangenehmen Symptomen können aber – je nach Ausprägung – Lithiumpräparate (zur Dämpfung der Stimmungsschwankungen), Antidepressiva (zur Linderung der Depressionen) oder gering dosierte Neuroleptika (= Antipsychotika; um psychotische Symptome aufzufangen) verschrieben werden. Um das Übel bei der Wurzel zu packen, lässt sich eine Psychotherapie nicht umgehen. Am erfolgreichsten haben sich Verhaltens-, Sozial- und Gruppentherapien erwiesen. Ziel dieser Therapien ist ein schrittweises Erlernen von angemessenem Sozialverhalten als Ersatz für gestörtes Verhalten. Hilfreich im Umgang mit Borderline-Persönlichkeiten ist – sowohl für Therapeuten als auch für Bezugspersonen aus dem sozialen Umfeld – die so genannte SET-Kommunikation: Support (Unterstützung), Empathy (Mitgefühl) und Truth (Wahrheit). Eine völlige Heilung der Borderline-Störung ist aber dennoch eher unwahrscheinlich. Immerhin: Bei zehn Prozent der Betroffenen geht die Störung im Laufe der Zeit so weit zurück, dass die Diagnose Borderline nicht mehr zutrifft. Von Bedeutung ist dabei auch das gesellschaftliche Umfeld und ein ausreichendes Maß an Unterstützung, Struktur und klaren Grenzen. (Quelle: www.almeda.de)

 

Comments (4)

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Monika-Maria Ehliah Windtner

4. Januar 2018

Ich wünsche dir alles Gute!
Gesundheit, Segen, dass du glücklich bist.
M.M.

D i Teichi

4. Januar 2018

Das was Du machst, ist wirklich so toll und zeigt Deinen Mut und Deine Stärke, indem Du Dich jeden Tag mit dem beschäftigst, was Dich eigentlich innerlich nicht zur Ruhe kommen lässt. Aber genau das macht Dich aus und zeigt anderen Betroffenen, wofür es sich lohnt, nach vorne zu schauen! Hut ab für Deinen täglichen Einsatz, um den „Überlebenden“ eine Stimme zu geben❤….

DANKE Markus!

monika bläser

4. Januar 2018

markus du sagst es mal wieder aus innigsten herzen ..danke das es dich gibt ….du gibst einen das gefühl nicht alleine zu sein …mein leben ist auf grund meines missbrauchs ein todes leben ..ich habe kinder die ich liebe ..aber ich konnte keine beziehung mit deren väter aufbauen ….ich fühle mich nicht als mensch..nicht geliebt…. ich traue keinen … ich zerfleische mich selbst …. du bist so mutig …..ich kann dir nach empfinden was oft für ein krieg in deiner seele tobt ….ich drück dich ganz lieb …bitte gebe nicht auf …

markus

5. Januar 2018

Liebe Monika, aufgeben gibt es nicht. Dennoch möchte ich hier und da auch die schweren Tage mitteilen. Alles hat zwei Seiten und auf einem Erfolg kommen tausend Pleiten (Stoppok)
Wir schaffen das, wir sind stark