Die Tour, Markus Diegmann

Ich schenke euch einen Tag meines Lebens

Gestern war ich zu Besuch bei Steffi & Ela. Die beiden Schwestern haben 2007 ihren Bruder Markus durch einen Suizid verloren. Markus hat einen so schweren Kampf geführt. Obwohl er sich an seine Familie gewandt hat, hat er sich genau 41 Tage später das Leben genommen. Seine Familie hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um Hilfe zu bekommen. Sie sind gescheitert, weil unsere Politik und Gesellschaft die Augen verschließt vor sexuellem Kindesmissbrauch. Folglich kann es keine Opfer geben und somit auch keine Hilfe.

Mich berührt diese Geschichte so sehr. Zum einen weil ich Markus heiße und ich es hätte sein können und weil ich die Hinterbliebenen, Steffi & Ela, kennenlernen durfte. Der Täter lebt in Köln, die Adresse ist bekannt, dennoch angelt er weiter im See der Vielfalt an glücklichen Kinderseelen, die er zerstören kann. Die Polizei ist machtlos. Dennoch kämpft diese Familie seit einem Jahrzehnt. Täglich kämpfen sie gegen den Schmerz, den Verlust, und auch die Selbstvorwürfe. Sie müssen ihn aushalten und sie geben nicht auf. Gern würde ich ihnen diese Last abnehmen. Ich denke sogar, sie sind näher zusammengewachsen, als Familie.

Ihr gebt mir soviel Kraft. Danke Steffi & Ela

Ich habe mich 2014 im September bei meinen Geschwistern geoutet. Sie haben mich aufgefangen und mir, so hoffe ich, verziehen, dass ich über zwanzig Jahre weg war. Oft zerbricht eine Familie an den Folgen einer Tat, so auch ein Stück weit meine eigene. Ich lebe 24 Stunden, sieben Tage die Woche, mit den Geschichten vieler Betroffener und habe meine eigene Biographie zu schleppen. Ich kann verstehen, dass ich auch Menschen in meiner Umgebung mit diesem Thema nerve. Meinen Launen, meinem täglichen Kampf; dass sie sich abwenden und es einfach nicht mehr etragen und/oder hören können. Ich wünschte, ich könnte die Hilfe meiner Familie und Freunde annehmen. Doch leider bin ich so wie ich bin, Einzelgänger und gesellschaftsscheu, am liebsten mit meinem Picasso allein auf weiter Flur, frei wie Gipsy’s.

Ich sehne mich nach meiner eigenen Familie, einer Partnerin mit der ich durch Dick und Dünn gehen kann, meinem Phil als Kind, jeden Tag Papa sein. Die Zeit, als Phil Kind war, diese nicht mit ihm verbringen zu können, quält mich so sehr, jeden einzelnen Tag in seinem Leben, weil ich ihn so sehr liebe. Heute weiß ich, dass ich niemals das Gefühl erleben darf. Es bleibt ein Traum …

Ich würde so gern Wurzeln haben. Eine Familie, einen Ort, an dem ich weiß, wenn nichts mehr geht, weißt du, wo du hin kannst. Mir sind die Wurzeln ausgerissen und im Fegefeuer verbrannt worden. Vertrauen? Geht leider nicht! Nicht, dass ich keine Hilfe angeboten bekomme, das nicht! Der Missbrauch bringt leider eine Vielzahl an sogenannten Traumafolgestörungen mit sich.

Brechen Sie mit mir das Schweigen

Herzlichen Dank

Picasso & Markus

Comment (1)

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Steffi

26. August 2017

Lieber Markus,

vielen Dank für die geschenkte Zeit; den Weg, den du auf dich genommen hast, uns zu besuchen und den Weg, den du auf dich nimmst, um dein Ziel 1.000.000 Unterschriften zu erreichen. Es war uns eine Ehre, dich persönlich kennenlernen zu dürfen.

Gemeinsam brechen wir das Schweigen!