Die Tour, Markus Diegmann

Der Traum von wehenden Fahnen

Seit dem Schützenfest kämpfe ich mit mir, wie ich auf den für mich empfundenen Tiefschlag, nicht auf dem Festgelände willkommen zu sein, reagieren soll. Mir ist jedoch klar geworden, dass Ihr euch nicht vorstellen könnt, was es für mich bedeutet in den Ort des ersten Missbrauchs zu kommen. Welche Kämpfe ich austragen muss, wenn ich mit meiner Vergangenheit so konfrontiert werde bzw. mich ihr aussetze.

Wipperfeld war der erste Termin in meinem Kalender als ich die Tour41 plante. Auch wenn ich schon im Ansatz das Grollen meines Bauchhirns vernommen habe, war es der erste wichtige Termin. In den letzten Wochen vor dem Schützenfest wurde das Unwohlsein diese Tage aushalten zu müssen größer und schwerer für mich, jeden Tag mehr. Mein Sinn und Ziel war es, Wipperfeld mit wehenden Fahnen zu verlassen und einen (Teil-)Abschluss für mich zu finden. Die dahmalige Flucht mit etwas Gutem zu überschreiben. Das ist gehörig in die Hosen gegangen…

Das ich mein Tour41-Mobil als Rückzugsort benötige, konnte keiner wissen. Wenn die „Enola Gale“ nicht auffahren darf, dann kann ich es auch nicht. Wir kämpfen für 41 Kinder jeden Tag, auch für eure! Sexueller Kindesmissbrauch ist ein schreckliches Thema, ja. Umso wichtiger ist es, endlich aufzustehen, nicht länger wegzugucken und aktiv zu werden. Mir wurde mal gesagt, dass dieses Thema nicht zu Festen, Feiern oder verschiedenen Themen passen würde. Mir bleibt da die Spucke weg. Meine Erfahrung zeigt, es feiert sich viel besser mit einer guten Tat oder mit dem guten Gefühl, für etwas einzustehen.

Vielen Dank an die Unterstützer in Wipperfeld und danke für die vielen Unterschriften. Helft uns das Schweigen zu brechen, jeder kennt ein Missbrauchsopfer, auch Du!

Picasso & Markus

Comment (1)

Leave A Comment

Rapunzel

12. Juli 2017

Hi Markus….

Warum solltest Du eine Flucht von einem Ort mit etwas Gutem überschreiben müssen?
Die Vergangenheit und Deine Erinnerungen, die Du mit diesem Ort verknüpfst, sind real…sie sind so passiert, wie Du es in Deinem Kopf hast…vielleicht mit leichten Abweichungen, da wir alle selbstverständlich subjektiv beobachten und bewerten…aber trotzdem real.

Du hast einen mutigen Schritt gemacht…an einen triggernden Ort zurückzugehen, ist nicht einfach…aber Du könntest Deinen Mut, Bürgern dieser Stadt gegenüber getreten zu sein…nackt und demaskiert…mit genau dieser einen Vergangenheit…ja, diesen „eigenen Erfolg“ solltest Du nicht schmälern.

Erfolg solltest Du in diesem Fall nicht nur in Unterschriften messen.

Sie haben dir die Zufahrt MIT Wohnmobil auf den Platz verwehrt…aus welchem Grund auch immer…
Doch das hat NICHTS mit DIR und auch NICHTS mit DEINER Vergangenheit zu tun.
Sie wollten es einfach nicht…Sie wollten keine Konfrontation ihrer Gäste mit schwierigen Themen und sie sind auch nicht für Deine Aufarbeitung zuständig.
Sie wollten Feiern, Spaß haben, Tanzen, Trinken…

Akzeptanz ist keine Einbahnstraße…Wir Opfer müssen akzeptieren, dass eben auch Andere ihre Grenzen habe.

Knuddel den Picasso eine Runde für mich, heb ein Glas Rotwein darauf, dass Du diesen Ort damals und auch dieses Jahr „überlebt“ hast und dann mach Dich auf zu neuen Ufern 😉

Rapunzel